Dass das letzte Kapitel meines Fortsetzungsromans online kam, ist nun auch schon wieder fast einen Monat her. Zeit also für die Fortsetzung. Wenn ihr die bisherigen Kapitel noch nicht gelesen habt, könnt ihr das hier tun:
Im Apartment angekommen schmeißt Niklas sich sofort aufs Bett und bringt seinen Körper in eine Pose, die er wohl aus irgendeinem Grund für verführerisch hält. Er stützt sich auf seinem rechten Ellbogen ab und streckt mir seine Hüfte entgegen. Auf der orange-gelben Blümchen-Bettdecke sieht das einfach nur lächerlich aus.
„Also, was machen wir beiden Schönen heute Nacht noch?“, fragt er und fährt sich dabei mit der freien Hand durchs Haar.
„Ich bin ziemlich müde. Mache mich jetzt fertig und gehe dann schlafen“, erkläre ich.
„Wirklich, du bist jetzt schon müde?“, hakt er nach, „also mir würden da schon ein paar Dinge einfallen, die interessanter sind als schlafen. Schließlich ist man nicht alle Tage mit einer schönen Frau in London.“
„Eben“, stimme ich ihm zu und ignoriere seine „schöne Frau“ Bemerkung, „wenn ich schon mal in London bin, will ich auch fit sein und nicht übermüdet von einer durchgemachten Nacht.“
Mit diesen Worten verschwinde ich im maximal 2 Quadratmeter großem Bad. Ich suche vergeblich nach einem Schlüssel. Aber ich glaube kaum, dass Niklas mir bis hierhin folgen wird.
Dummerweise habe ich meine Rechnung ohne diesen verrückten Hipster gemacht. Während ich mir über dem mit Kalk- und Zahnpastaflecken verschmierten Waschbecken die Zähne putze, ist noch alles in Ordnung und auch als ich auf der Toilette sitze, behelligt er mich nicht. Doch nachdem ich gerade unter der Dusche verschwunden bin und verzweifelt versuche, das Wasser auf eine einigermaßen erträgliche Temperatur zu bringen, höre ich, wie die Tür sich bewegt.
Ehe ich mich versehe, hat Niklas auch schon den vergilbten Duschvorhang beiseitegeschoben und steht vor mir so wie Gott ihn geschaffen hat.
„Was soll das?“, stammle ich und versuche meine Brüste mit dem einen und meinem Intimbereich mit dem anderen Arm zu bedecken.
„Ich dachte, wir sollten die wenige Zeit, die wir haben, bevor du schlafen möchtest bestmöglich nutzen“, erklärt er süffisant grinsend. Mit diesen Worten klettert er neben mich in die Duschkabine und legt seine schwitzige Hand auf meinen nackten Rücken. Ich stoße ihn weg, doch blöderweise verliere ich dabei das Gleichgewicht, rutsche auf den nassen Fliesen aus und falle zu Boden. Niklas, der seine Hand noch immer an meinem Körper hat, fällt mit mir.
Einen kurzen Moment wird mir schwarz vor Augen. Ein stechender Schmerz rennt durch meine Wirbelsäule, denn ich bin auf dem Rücken gelandet. Zunächst fehlt mir jegliche Kraft mich aufzurichten. Ich möchte meine Augen einfach nur geschlossen halten und warten, bis das hier alles vorbei ist. Doch Niklas schmerzverzerrtes Stöhnen vereitelt diesen Plan.
Ich öffne meine Augen und sehe, dass es ihn wesentlich schlimmer getroffen hat als mich. Er ist rücklinks aus der Duschkabine gestolpert. Mit dem Kopf ist er dabei auf der Toilette gelandet, die in diesem Miniaturbad direkt neben der Dusche steht.
Erschrocken stelle ich fest, dass eine zähe, rote Flüssigkeit vom Klodeckel tropft. Er hat sich tatsächlich den Kopf verletzt. Seine Hände sind bereits zu der blutenden Stelle an seinem Hinterkopf gewandert. Seine Finger tasten seine Kopfhaut ab. Dort, wo seine Hände die Wunde nicht verdecken, ist sein Haar von Blut verklebt.
„Scheiße“, stöhnt er. Langsam scheint er wieder zu sich zu finden. „Sag mal spinnst du eigentlich?“, zischt er mir entgegen. Mit dieser Frage lösen sich mein Mitleid und meine Sorge um ihn in Luft auf.
„Ob ich spinne?“, stelle ich die Gegenfrage, „Wer ist denn einfach nackt ins Bad gestürmt, während ich unter der Dusche stand und hat mich dann auch noch einfach so begrapscht?“
„So eine bist du also“, stellt er mit abwertenden Unterton fest, „machst die Männer erst heiß und sagst dann doch ‚Nein‘. Und jetzt gib mir mal ein Handtuch, das ich auf die Wunde legen kann!“
Obwohl ich seinen Kopf bei diesen Worten lieber noch einmal gegen die Kloschüssel hämmern möchte, gehorche ich und stehe langsam auf. Sehr langsam, weil jeder Knochen in meinen Beinen und in meinem Rücken wehzutun scheint. Ich nehme das ausgewaschene rosa Händehandtuch, das neben dem Waschbecken hängt und reiche es ihm hin.
„Wann habe ich dich denn bitteschön heiß gemacht? Du solltest lieber mal lernen die Signale richtig zu deuten. Ich wollte nicht sofort schlafen gehen, weil ich so müde bin, sondern einfach weil ich meine Ruhe vor der haben wollte“, stelle ich klar.
„Und was ist mit gestern abend? Da sah das bei dir kleinen Schlampe aber noch ganz anders aus. Du hast es ja sogar so nötig, mich auf diesen Trip mitzuschleppen.“
„Also erstens war das Josie und zweitens war ich gestern betrunken und habe drittens auch noch das Recht meine Meinung zu ändern“, entgegne ich.
„Das muss ich mir von dir echt nicht bieten lassen, du Flittchen“, schimpft er und versucht dabei langsam sich aufzurichten. Ich gehe instinktiv einen Schritt zurück. Oder zumindest einen halben, denn für mehr ist in diesem Raum kein Platz.
„Scheiße“, stöhnt Niklas erneut, kurz bevor er sich vollständig aufgerichtet hat. Er schafft es gerade noch, den Klodeckel hochzuklappen bevor er sich vor meinen Augen übergibt.
„Du hast eine Gehirnerschütterung“, sage ich fachmännisch und versuche mich dabei nicht von dem säuerlichen Geruch, der nun in der Luft liegt aus der Fassung bringen zu lassen. „Ich werde dir einen Krankenwagen rufen“, beschließe ich, während ich bereits versuche mein Handy aus den Taschen der Hose zu befreien, die ich zuvor achtlos auf den Boden geworfen habe.
Es dauert eine Weile, bis der Krankenwagen da ist und Niklas mitnimmt. In der Zwischenzeit habe ich Simon kontaktiert. Denn so viel steht fest. Ich werde mit diesem aufdringlichen Hipster nicht ins Krankenhaus fahren. Als sich die Tür hinter ihm schließt bin ich einfach nur erleichtert – und sogar ein bisschen zufrieden, weil ich das Bett nun ganz für mich alleine habe.