Kolumne: Diagnose Aufschieberitis

„Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“, diese Weisheit hat meine Oma mir als Kind immer wieder versucht einzutrichtern. Leider ohne Erfolg. Ich bin ein Mensch, der alles auf den letzten Drücker erledigt. Und zwar immer. Nur dann habe ich Ansporn und Motivation. Ich glaube, mit den Jahren habe ich gelernt, es ganz gut abzuschätzen, wie viel Zeit ich wofür brauche. Und bevor diese Zeit angebrochen ist, bewege ich mich nicht. Ich brauche den Zeitdruck, um etwas zu tun.
Bis jetzt bin ich damit immer ganz gut gefahren. Habe es immer geschafft, wenn auch knapp. Doch am Ende bleibt dieses stechende Gefühl zurück. Diese Unsicherheit. Die Frage die an einem nagt: Hätte ich es besser machen können, hätte ich mir nur ein wenig mehr Zeit genommen? Vermutlich ja. Doch so funktioniere ich einfach nicht. Wenn es mir doch mal gelingen sollte, etwas rechtzeitig anzufangen, dann schleichen sich immer größere Pausen ein. So war es auch mit meiner Bachelorarbeit. Ich habe Monate vorher angefangen zu schreiben – und in all diesen Monaten habe ich ganze sechs Seiten geschafft. Die restlichen 30 kamen dann in den letzten zwei Wochen vor der Abgabe hinzu.
Zum Glück bin ich nicht die einzige, die unter diesem Phänomen leidet. Es ist weiter verbreitet, als man denkt. Ich nenne es Aufschieberitis. Andere nennen es Prokastination oder leben nach dem Motto „Ich habe ein Motivationsproblem bis ich ein Zeitproblem habe.“ Es sind immer die gleichen Ausreden. Oder ist es vielleicht schon eine Krankheit, wenn es die Bevölkerung doch so hartnäckig infiziert? Liegt es am Ende in unserer Natur, dass wir immer bis zur letzten Minute warten?

Das Lustige ist, dass ich diese Motivationsprobleme nur habe, wenn es darum geht, etwas für mich zu machen. Wenn ich die einzige bin, die unter den Konsequenzen leidet. Bei Gruppenarbeiten oder auch im Job, erledige ich meine Aufgaben stets so schnell wie möglich und werde oft sogar für meine effiziente Arbeitsweise gelobt. Auf der einen Seite mag ich es, selbstständig zu arbeiten. Frei zu sein. Meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Auf der anderen Seite denke ich mir, dass ich dafür nicht gemacht bin, weil ich jemanden brauche, der meinen Fortschritt kontrolliert. Aber wer weiß, vielleicht wird sich das irgendwann noch ändern. Vielleicht gibt es für Aufschieberitis tatsächlich so etwas wie eine Heilung. Wenn ihr das Heilmittel kennt, dann sagt mir Bescheid!

3 Kommentare bei „Kolumne: Diagnose Aufschieberitis“

  1. Haha mir geht es echt immer genau so! Echt schlimm, aber ich hab auch noch kein Heilmittel 😀

    Ich wünsche dir einen wundervollen Tag <3
    Liebst, Sarah von Belle Mélange

  2. Geht mir auch genau so. Aber manchmal finde ich es auch gar nicht so schlimm, denn unter Druck kann ich meist tatsächlich besser arbeiten. In den meisten Fällen ist es aber super ärgerlich und stresst nur…
    Viele Grüße
    Lea

  3. Die Aufschieberitis kenn ich nur zu gut ^^ Aber ich versuche meistens, dass ich trotzdem schon alles frühzeitig erledige. Aber es gibt einfach so unangenehme Aufgaben..

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